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Teilansicht des heutigen Merscheider Hofes














   Teilansicht des heutigen Merscheider Hofes




    Im Zentrum von Merscheid, 
    einem heutigen Ortsteil der Stadt Solingen, 
    befindet sich der Merscheider Hof.


   Das in einer Urkunde des Jahres 1374 erstmals genannte Gut Merscheid war wohl  - wie viele
   bergische Güter - infolge einer Erbteilung  getrennt worden.
   So wird im Jahre 1488 ein "Lodewigs Merschet" und ein "Pilgrims Merschet" erwähnt, wobei an-
   zunehmen ist, daß es sich bei einem dieser genannten Güter um den heutigen Merscheider Hof
   handelt.

   Im Laufe der Zeit erfuhr dieser Hof nochmals eine Teilung, die durch die Anordnung der beiden
   ehemaligen Hauptgebäude und der dazu gehörenden Nebengebäude heute noch sichtbar ist.

   In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird Samuel Voos in einer gezeichneten Grundstücks-
   karte mit angefügter Auflistung ein als Eigentümer eines Grundstücksteils genannt. Dieser Teil
   wurde am 28. Februar 1848 in einer Versteigerung veräußert.

















   Karte über die Besitzungen des Samuel Voos zu Merscheid 1848


   Eine Wertschätzung des Taxators Robert Weck zu Hülsen enthält weite Teile dieses Merscheider
   Grundbesitzes; eingetragen für das Jahr 1866 auf den Namen Carl Wilhelm Bruchhausen.
 
   Um 1891 erwarb Georg Schüler, Schwiegersohn des Carl Wilhelm Bruchhausen, einen weiteren Teil,
   der sich bis dahin im Eigentum des Julius Krusius und seiner Kinder befand.
 
   Damit war der Merscheider Hof, einschließlich eines Landbesitzes, der von der Herzogstraße zu
   beiden Seiten der heutigen Moltkestraße bis an den Lochbach, bzw. die Becherbenden reichte,
   wieder als Ganzes zusammengefügt.


   Katasterkarte aus dem 19. Jahrhundert




   Georg Schüler, 1849 in Homberg an der Efze geboren, war verheiratet
   mit Auguste Bruchhausen, einer Tochter des Carl Wilhelm Bruchhausen
   und seiner Ehefrau Wilhelmina vom Eigen.
                                                                                                                                                                                                                                  


   Georg Schüler und seine Ehefrau Auguste, geb. Bruchhausen





   Brautschmuck der Auguste Bruchhausen von 1876


   Während Georg und Auguste Schüler im Merscheider Hof wohnten, bezog deren Sohn 
   Emil Schüler mit seiner Ehefrau Hedwig, geb. Weck einen um 1903 auf der Poststraße 
   (heute Merscheider Straße) errichteten Neubau. 

   Emil und Hedwig Schüler hatten zwei Kinder, Wilhelm und Luise. Letztgenannte ist die 
   Mutter des heutigen Eigentümers.





    Der ältere Teil des Hofes 


   Die Bebauung des Merscheider Hofes hat sich bis auf wenige Nebengebäude im Großen 
   und Ganzen im Laufe der letzten Jahrhunderte kaum geändert. Von der ursprünglichen 
   Bebauung könnten noch einige Fundamente bestehen; oberirdische Aufbauten jedoch 
   nicht.


   Das älteste Gebäude (Haus 52 c/d) dürfte etwa gegen Ende des 17. Jahrhunderts gebaut
   worden sein. Aus der Einteilung des Balkenfachwerks lassen sich noch die früheren, äußerst 
   kleinen Fenstermaße erkennen. 

   Wie so häufig sind im Laufe der Zeit die vorhandenen Fensteröffnungen vergrößert und 
   andere dafür zugemauert worden. Dort wo es möglich war, sind diese baulichen Änderungen 
   zu Beginn der Renovierungsmaßnahmen im Jahre 1979 wieder rückgängig gemacht worden.


   Das Balkenwerk weist nur noch an einem einzigen Balken Reste einer Randschnitzerei auf;
   ansonsten ist nur der mit den anderen Häusern verglichene, höhere Fundamentsockel aus
   Bruchsteinen auffallend.



     

























   Häuser 52 b/c/d

     
   Direkt angebaut an dieses Gebäude ist das breitere und höhere Haus 52 b, an welchem lediglich 
   die Fassade eine Verkleidung aus Schiefer trägt. Eine Besonderheit dieses Hauses ist neben der 
   originalen, zweigeteilten Eingangstüre eine Brunnenanlage im heute von außen zu begehenden, 
   tiefstgelegenen Teil des Gewölbekellers. Obwohl dieser Brunnen lange Zeit als Entsorgungsstelle 
   für allen möglichen Unrat diente, ist er immer noch von einer beeindruckenden Tiefe.



    












   Gebäude 52 a und 52 b




   Der jüngere Teil


   Das zweite Hauptgebäude liegt direkt gegenüber; es bildet etwa die Mitte des jüngeren
   Teiles des Hofes. Dieses Haus ist im 19. Jahrhundert an drei Seiten unter Auslassung der 
   Fassade verschiefert worden.
   Aufgrund einiger freiliegender Balken konnte an deren Kennzeichnung festgestellt werden, 
   daß das Haus ursprünglich kleiner war und gegen Ende des 18. Jahrhunderts durch einen
   gleichgroßen Anbau in die heutige Größe gesetzt wurde. Im späten 19. Jahrhundert erhielt
   die Haustüre und der Dielenboden eine dem Zeitgeschmack entsprechende Änderung.







 
  









   Beibehalten wurde jedoch der Türaufbau mit seinen beiden Seitenfenstern und einem
   Oberlicht.
   Leider ist vor einigen Jahrzehnten die originale Schnitzerei des Oberlichts gestohlen
   worden, so daß sich dort heute eine vor etwa 25 Jahren angefertigte Rekonstruktion
   befindet.


















   Wohnhaus im jüngeren Teil des Hofes



   Seitlich neben diesem Wohnhaus ist noch ein alter, gemauerter  
   Brunnen mit einer aufsitzenden gußeisernen Pumpe vorhanden.

   Bei Bodenarbeiten wurden im Bereich dieser Pumpe alte, aus
   Bruchsteinen hergestellte Ablaufkanäle, die auf die Hoffläche führten,
   gefunden.

   Diese Abläufe sind noch unter dem Bodenbelag vorhanden.

   Auf der anderen Seite steht ein zwischen 1829 und 1847 errichtetes ehemaliges Scheunen- 
   und Stallgebäude, in welchem sich bis 1978 eine elektrobetriebene Scherenschleiferei befand. 

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            









     





   Scheune im jüngeren Teil - Aufnahme vor 1978 

     
   Zwei weitere Wohngebäude liegen unmittelbar an der Herzogstraße: Ein zweigeschossiges
   Wohnhaus direkt zwischen den beiden Hofeingängen und ein eingeschossiges Wohnhaus
   links an der Grenze zum daneben liegenden Nachbargrundstück.
 
   Bedingt durch die Hanglage besitzt dieses Wohnhaus ein Untergeschoß, welches erst 1933
   in seiner heutigen Form - seinerzeit als Schleiferwerkstatt - errichtet wurde. 
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           




     












   Häuser 52 und 52 b  -  Aufnahme vor 1933



   Zusammen mit den kleineren, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
   errichteten Nebengebäuden umfasst der Merscheider Hof derzeit acht
   freistehende Gebäude, die umgeben von Baumhöfen, Wiesen und angelegten
   Grünflächen heute nur noch Wohnzwecken dienen.



  













   Einer der beiden Zugänge

   Die Renovierungsarbeiten


   Nach Aufhebung einer bis zum Jahr 1978 bestehenden Erbengemeinschaft wurden umfangreiche 
   Sanierungsmaßnahmen im gesamten Hofbereich durchgeführt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren an 
   der einige Jahre zuvor gelegten Kanalisation nur die Dachentwässerungen angeschlossen. 

   Die sanitären Einrichtungen bestanden größtenteils aus jeweils nur einer Wasserstelle im Haus; 
   ansonsten gab es Außentoiletten, die regelmäßig entsorgt werden mussten. Der Strom lief über 
   Freileitungen und geheizt wurde mit Kohle.
 
   Erst nach und nach erhielt jedes Haus ein Bad und eine Toilette; die alten Fenster wurden durch 
   isolierverglaste Sprossenfenster ersetzt und bereits früher erneuerte, moderne Fenster wurden auf 
   die alten Maße zurückgebaut.







  













   Mehrere Dächer wurden vollkommen neu mit glasierten Dachziegeln gedeckt; mit Schiefer belegte
   Windborde angebracht und die zwischen den Häusern gelegene Hoffläche hergerichtet und mit
   einem Kiesbelag versehen.

   Große Teile dieser Freiflächen mussten zuvor abgetragen und niedriger gelegt werden, da durch
   jahrhunderte langes Auftragen immer wieder neuer Beläge die Haussockel nur noch in halber
   Höhe sichtbar waren.

   Über viele Jahre gingen Handwerker, hauptsächlich Zimmerleute, Dachdecker, Maurer und Putzer,
   ein und aus. Manche Fassaden mussten vollständig erneuert; andere repariert werden. 
   Bei fast jeder Reparatur des Balkenwerks fielen die Gefache heraus und gaben den Blick frei in das
   Innere des Hauses. 










   








   Zur gleichen Zeit meldete sich der Denkmalschutz, der damnals noch beim Landschaftsverband
   Rheinland in Bonn (Rheinische Amt für Denkmalpflege) und beim Regierungspräsidenten in Düsseldorf
   ansässig war und stellte die gesamte Hofschaft unter Denkmalschutz. Hierbei ging es nicht um die
   Denkmalwürdigkeit der relativ bescheidenen Gebäude, sondern vielmehr um den Erhalt des Hofes als
   Ganzes, beispielhaft für eine vergangene, jedoch für das Bergische Land typische Wohnkultur.

   Darüber hinaus war es auch von Bedeutung, dass der Merscheider Hof als größte Hofschaft ab 1808
   Namensgeber zunächst für die Bürgermeisterei Merscheid und ab 1856 für die Stadt Merscheid war.
   Im Jahre 1891 änderte die Stadt Merscheid - auf grund der durch den Bahnhof in Ohligs bedingten
   Entwicklungen - ihren Namen und hieß fortan Stadtgemeinde Ohligs.

   Die Einordnung des Merscheider Hofes als Baudenkmal hat Herr Dr. Schneider-Berrenberg in dem
   Buch  "Was ist ein Baudenkmal ?" (herausgegeben vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege, Rheinland
   Verlag 1983) ausführlich unter dem Titel:  "Solingen: der Merscheider Hof - eine bergische Hofschaft" 
   beschrieben und dokumentiert.





   Leben und Arbeiten im Merscheider Hof


   Wie sich das Leben im Merscheider Hof abspielte, kann für die Zeit vor der Mitte des 19. Jahrhunderts
   nur vermutet werden. Seinerzeit wohnten und arbeiteten weitaus mehr Menschen hier als beispielsweise
   heute. Selbst die kleineren Wohneinheiten, die jetzt nur noch von Einzelpersonen nachgefragt werden,
   gaben damals ganzen Familien ein Dach über dem Kopf.

   Immer wieder finden sich Dinge des alltäglichen Gebrauchs, die helfen, einen kleinen Einblick in das
   seinerzeitige Geschehen zu gewinnen.

   So werden, zahlreich auf dem gesamten Hofgelände verteilt, Bruchstücke alter Keramikteile gefunden, 
   die größtenteils aus Frechen bei Köln, einem damaligen Zentrum der Keramikproduktion, stammen.
   Interessant hierbei ist, dass diese glasierten und bemalten, rot-, braun- und helltonigen Stücke nicht
   nur durch ihre Dekore, sondern aufgrund der aufgemalten Jahreszahlen sehr gut zu datieren sind.

   Die ältesten Scherben sind aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert; die ersten datierten Stücke aus
   dem 18. Jahrhundert. Der weitaus größte Teil der fast eintausend Fundstücke stammt jedoch aus der
   ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

   Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Bruchstücke von Schüsseln.

















   Zusammengesetzte Bruchstücke aus dem 18. und 19. Jahrhundert























   Sicherlich ist es nicht so, dass die früheren Bewohner besonders unachtsam mit ihrem
   Hausrat umgingen. Wenn pro Familie und pro Jahr nur eine Schüssel zu Bruch ging, dann
   dürften in Anbetracht des großen Zeitraums noch viele Scherben im Boden und vielleicht
   auch in den Brunnen vorhanden sein.
   Bisher konnten zwei Schüsseln bis auf wenige Fehlstellen wieder als Ganzes zusammen
   gesetzt werden.



  
   Auch aus anderen Quellen wird vom Leben und Arbeiten auf dem Merscheider Hof berichtet:
   So ist in einer vom Merscheider Turnverein anlässlich seines sechzigjährigen Bestehens heraus- 
   gegebenen Festschrift zur Geschichte Merscheids nachzulesen:

                   
              "Die Bewohner vom Merscheider Hof lebten im Ganzen genommen friedlich einträchtig, 
              so recht in idealer Volksgemeinschaft miteinander, freuten sich bei Kirmeß, auf
              Hillingen und Hochzeiten zusammen, trugen Not und Leid gemeinsam und kannten ihre
              Verhältnisse gegenseitig bis in den "Zoppenpott". 

              Ein Adressbuch gab es damals nicht und wer von auswärts kam und jemanden aufsuchen
              wollte, dem wurde das Finden nicht immer leicht, denn einzelne Familiennamen war sehr
              häufig."  (Müller Druck, Ohligs 1938)




   Aus der Zeit etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts ist es dann einfacher, über die Bewohner
   und über die Geschichte des Hofes zu berichten, da heute noch zahlreiche Urkunden, Karten,
   Eintragungen und Zeichnungen und Fotographien vorhanden sind.

































   Aufnahme um 1900 - Georg Schüler mit seiner Ehefrau Auguste



   Neben Kaufverträgen und Katasterkarten sind auch einige
   Portraits interessant, die etwa aus der Zeit um das Jahr 1845
   stammen und Wilhelmina vom Eigen und ihre Eltern zeigen.

























   Wilhelmina vom Eigen















   Die Eltern der Wilhemina vom Eigen
   Johann Peter vom Eigen und seine Ehefrau Maria Christina
   geborene Plümacher




    Der Hof im 20. Jahrhundert

   In der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhundert wurde es dann etwas stiller um den Merscheider Hof.
   Die "Rheinische Landeszeitung" vom 12.12.1940 teilte ihren Lesern in einem Artikel "Der alte Merscheider
   Hof - ein Betätigungsfeld für eine Hofgemeinschaft" mit, dass die Wasserabflußverhältnisse im ältesten
   Teil des seit etwa 1300 nachgewiesenen Merscheider Hofes nicht in Ordnung" seien und das die Anlieger
   "bei Regenwetter durch tiefen Schlamm waten" müssten.

   Daher wird die Bildung einer Hofgemeinschaft angeregt, die sich der Verschönerung des Hofes und der
   Verbesserung der Wohnverhältnisse annehmen solle. Nur zwei Tage später, am 14.12.1940, greift die
   "Rheinische Landeszeitung" das Thema erneut auf und verweist auf einen Abschnitt aus dem einige Jahre
   zuvor von Johanna Kayser zu Krefeld herausgegebenen Sippenbuch der Familie Kayser. Hierin beschreibt
   die Autorin, wie in früheren Zeiten der "freundnachbarliche Verkehr von Haus zu Haus noch gekannt und
   gepflegt" wurde. "So" wünscht sich die Rheinische Landeszeitung  "wie hier geschildert müsste der alte
   Merscheider Hof wieder hergerichtet...werden".






























   Neben den erwähnten Dokumenten gibt es auch eine Reihe von Fotographien, die u.a. zeigen,
   wie sich im Laufe der letzten 100 Jahre das Aussehen des Hofes nur in Details verändert hat,
   ohne dass das Erscheinungsbild wesentlich beeinträchtigt wurde.


   Nach den umfangreichen Sanierungsarbeiten, die viele Jahre dauerten, erhielt der heutige
   Eigentümer im Jahre 1995 den Denkmalschutz-Preis des Bergischen Geschichtsvereins für seine
   denkmalgerechte Restaurierung des Merscheider Hofes.
















   Ausschnitt: Solinger Morgenpost


   Tatsächlich werden die Erhaltungsmaßnahmen wohl nie enden, denn es gibt immer
   etwas zu tun.

   Bei aller Arbeit ist es jedoch immer wieder erfreulich, wenn sich Besucher einfinden
   und die Schönheit dieses kleinen Anwesens zu schätzen wissen.


   Noch ein Hinweis für die Besucher dieser Seite:

   Die vorstehende Beschreibung ist noch nicht abgeschlossen.
   Sie wird von Zeit zu Zeit ergänzt.
   Nachfragen oder Anregungen (sg.blei.khj@t-online.de) werden
   gerne entgegengenommen.

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